Unternehmen mit dominanter Logik glauben, besser auf disruptive Marktveränderungen reagieren zu können, als dies in Wirklichkeit der Fall ist. Drei Fragen können helfen, den Grad dieser kognitiven Verzerrung zu ermitteln. Denn die Überschätzung kann einen sehr hohen Preis haben. In der volatilen und digitalen Zukunft sind multirationale Unternehmen besser gerüstet. Allerdings wird man nicht zufällig multirational. Unternehmer müssen hierfür viel „investieren“. Angefangen von der Kultur bis hinunter zu Organisation und Prozess muss alles verändert werden.
Digitale Transformation der Märkte
Alle sprechen von der digitalen Transformation. Beinahe alle Brachen sind im Aufbruch und wollen ihre Chancen im Zeitalter der Digitalisierung verbessern, oder zumindest nicht verspielen. Unternehmensberater haben ein neues Betätigungsfeld entdeckt und preisen ihre Unterstützung in diesem Prozess an. Die Neuausrichtung des Geschäftsmodells macht eine tiefgreifende organisatorische Neuausrichtung notwendig. Das Schlagwort der agilen Organisation steht für diesen Umbau. Der Mensch rückt in den Vordergrund und seine Fähigkeiten sollen verstärkt zur Geltung kommen. Im wissenschaftlichen Umfeld taucht seit einiger Zeit der Begriff der multirationalen Organisation auf ((Kuno Schedler, Johannes Rüegg-Stürm, „Mulitrationales Management“. Paul Haupt, Bern 2013; Blog: Agilität als Antwort auf die Forderung nach multirationalen Unternehmen vom 23. Juni 2017). Stark vereinfacht beschreibt dies eine Organisation, welche mit einem 360 Grad - Radar, neue Trends aufnimmt, verarbeitet und mit ihrer agilen Organisation schnell und kundenorientiert umsetzt. Also genau das, was die Westküsten Start-ups offensichtlich gut beherrschen. Daraus resultieren dann Ideen wie „The Boring Company“, „Hyperloop“, „Boom“, „light.co", „Knightscope“ und viele andere.
Dominante Logik von Unternehmen
Unternehmen die diese verschiedenen Rationalitäten nicht parallel in sich tragen können, werden als Unternehmen mit dominanter Logik bezeichnet. Dies sind Unternehmen, welche über die Zeit in einem definierten Markt erfolgreich tätig waren. Hierbei ordneten sie Strategie, Wertschöpfung sowie interne Prozesse und Abläufe dieser, ihrer dominanten Logik, unter. Daraus resultieren in der Regel sehr effiziente Firmen, welche allerdings meist eine kapitalintensive Investitionsbasis aufweisen. Problematisch wird es nun, wenn sich der Markt bewegt - neudeutsch - wenn die Industrie disrupted wird. Dann wirken bei dominanten Unternehmen hohe, mentale und reale, Trägheitskräfte. Diese führen dazu, dass Unternehmen deutlich zu spät und zu wenig energisch reagieren, unzureichende intellektuelle Ressourcen umplanen und am Ende als Verlierer dastehen.
Nimmt nun die Volatilität in den Zeiten von disruptiven Märkten zu, ist es als Unternehmen zunehmend gefährlich mit nur einer dominanten Logik unterwegs zu sein. Multirationalität wirkt wie eine Lebensversicherung gegen diese disruptiven Kräfte. Allerdings erfordert Multirationalität einen mutigen und auch sehr „endothermen“ Schritt. Unternehmen müssen Kultur, Vision, Strategie, Organisation und Prozesse vollständig umbauen. Dabei bitte auf Reihenfolge der Aufzählung achten!
Kognitive Verzehrung und Kontrollfragen
Frägt man nun Unternehmen, ob sie von nur einer dominanten Logik beherrscht werden, kommt es zu einer kognitiven Verzerrung. Der Grad an dominanter Logik, von welchem man beherrscht wird, wird tendenziell niedriger eingeschätzt, als dies in der Realität der Fall ist. Oder mit anderen Worten, man glaubt in disruptiven Märkte deutlich besser reagieren zu können, als dies in Wirklichkeit der Fall ist.
Daher drei Kontrollfragen, mit welchen man den eigenen Grade an dominanter Logik etwas näher kommen kann:
- Effizienz und-fortschritt sind eine wesentliche Basis für den Unternehmenserfolg!
- Das Entwickeln von Expertise und hoher fachlicher Excellence führt zu hohen Synergien!
- Eine eindeutige Strategie wird einmal tiefgreifend, aber einfach formuliert und bleibt dann über einen längeren Zeitraum gültig!
Wer diese Fragen mit einem vollständigen „JA“ beantwortet, hat eine gute Chance von einer dominanten Logik beherrscht zu werden. Er kann bei der ersten Frage dazu tendieren die Interessen der Stakeholder, vor allem der Kunden vollständig außer Acht zu lassen. Er überschätzt in der Regel Synergiegewinne und blendet die Kosten von starren Systemen aus und glaubt die komplexe Frage von sich wandelnden Märkten mit genau einem Ansatz beherrschen zu können.
Multirationalität als Bedingung für Zukunftsfähigkeit
Zur Klarstellung! Dies muss nicht sein, aber die Chance, dass es sich um ein Unternehmen, welches nicht auf dem Weg zur Multirationalität ist, ist beträchtlich. Die Vergangenheit ist voller Beispiele, in welchen traditionelle Unternehmen an einer solchen dominanten Logik zugrunde gingen. Positiv gedacht kann man nun Handeln. Wer das Thema mutig und nach vorne denkend aufgreift, in Kultur, Befähigung und Umbau seines Unternehmens investiert hat eine reale Chance die digitale Transformation zu meistern.