Agilität richtig eingesetzt führt zu einer signifikanten Performancesteigerung

Schaut man sich heute den Stellenmarkt an, wollen Unternehmen - vor allem die etablierten - deutlich vermehrt AGILE Positionen besetzen: Scrummaster, Productowner, agile Projektmanager oder Coaches sind gefragt. Doch was heißt das eigentlich - AGIL?  Ist agiles Arbeiten nicht nur etwas für Softwerker? 

MITNICHTEN: agile Organisationen sind die Antwort auf die Schnelllebigkeit des Marktes, darüber hinaus haben sie das Potential unter der Bedrohung von außen zu wachsen, indem sie die Performance deutlich steigern!

Agilität: Was heisst das eigentlich?

Alle sprechen von Agilität. Musste man vor einigen Jahren innovativ und schnell sein - ist nun Agilität das (Un-) Wort unserer Zeit. Ganz ehrlich? Einigen von uns geht es schon mächtig auf die Nerven. Und trotzdem macht es Sinn sich mit Agilität - was es ist und vor allem was man damit erreichen kann, wenn man es im unternehmerischen Kontext wirksam umsetzt - auseinanderzusetzen.

Agil, schlägt man es im Duden nach, findet man in der Deutung so etwas wie „von großer Beweglichkeit zeugend; regsam und wendig“. Andere kennen Agility als Hundesportart. 

Im unternehmerischen Kontext verwendet, ist AGIL ein Kunstwort, welches sich aus den Anfangsbuchstaben der englischen Worte »Adaption«, »Goal-Attainment«, »Integration« und »Latency« zusammensetzt. Im Ursprung steht Adaption für die Fähigkeit eines Systems mit seiner Umwelt in Interaktion und Austausch zu treten. Goal-Attainment beschreibt das Potential sich Ziele zu setzen, während Integration für die Möglichkeit steht, die Bedürfnisse des Systems und seiner einzelnen Mitglieder weitgehend zu erfüllen. Latency steht für den Umstand, dass integrative Teileinheiten eines Systems auch durch Perioden des Wandels erhalten bleiben. Im zwischenmenschlichen Kontext wäre die Institution Familie ein System. 

Schlussendlich beschreibt Agilität eine neue Art der Zusammenarbeit, welche konsequent und sehr diszipliniert die unternehmerische Organisation auf den Kundenwunsch ausrichtet. Hierbei ist es besonders ratsam, den Kundenwunsch aus zweierlei Blickrichtungen wahrzunehmen: dem Kunden tatsächlich gut zu zuhören und gleichzeitig ein sehr gutes Gefühl dafür zu entwickeln, was die Wahrheit hinter der Wahrheit des Kundenwunsches ist. Analog dem uns allen bekannten Zitat von Henry Ford: „Wenn ich die Menschen gefragt hätte, was sie wollen, hätten sie gesagt schnellere Pferde.“ 

Agilität beschreibt damit also die Fähigkeit in einem sich wandelnden, oft von Disruptionen geprägten Umfeld, gewinnbringend zu operieren. Charakteristisch für dieses Umfeld sind nicht-nachhaltige und sich ständig verändernde Kundenwünsche. Agilität erfordert somit ein hohes Maß an Ambiguität.

Agile Organisation: Was ist das?

Der Fokus agiler Organisationen liegt auf temporär idealen, teambasierten Ablauforganisationen. Die MitarbeiterInnen - als wertvollste Resource - rücken ins Zentrum der Unternehmung. Zwei Dinge sind dabei wesentlich:

  1. Selbstorganisation fordert MitarbeiterInnen deutlich mehr als eine klassisch funktionale Organisation oder gar die Matrix. Erfolgreiche Selbstorganisation fordert konsequent die Verantwortungsübernahme und damit das Treffen von Entscheidungen durch den Einzelnen, um den Teamerfolg nachhaltig sicher zu stellen.
     
  2. Hierarchie und Führung sind wesentliche Bestandteile agiler Arbeitswelten. Agiltät bedeutet nicht: Jeder Macht was er will, egal zu welcher Zeit, an welchem Ort! Ein sehr personennaher Managementstil in all seinen - oft für die Führungskraft anstrengenden - Ausprägungen, wie der Sinnstiftung, dem aktiven Managen von Konflikten, dem Umgang mit Ängsten und komplexen Problemen, ist erforderlich. Es gilt das geflügelte Wort „flache Hierarchie“ mit Leben zu füllen und so die Performance deutlich zu Hebeln.

Die hierarchische Aufbauorganisation und die damit verbundenen Prozesslandschaft tritt im Vergleich zur Matrixorganisation mit ihrer meist pyramidenartigen und stark funktional geprägten Ausrichtung in den Hintergrund. 

Agile Organisationen sind resilienter, sie agieren und können so auf disruptive Entwicklungen - gegebenenfalls lebensbedrohliche Schocks von außen - reagieren. Ihre Antifragiliät, ausgedrückt durch zum Teil vermeintlich redundante Systeme, sichert nicht nur das überleben, sondern vor allem auch die Weiterentwicklung. 

Agiles Arbeiten: warum steigert das die Performance?

Agiles Arbeiten befähigt die Organisation stringent an das kreative Potential der MitarbeiterInnen zu gelangen. Es fordert Führungskräfte sich aus einer oft üblichen „Command and Control“ Attitüde hin zu einer personennahen, gestaltenden und befähigenden Art der Führung hin zu entwickeln. Meetings werden deutlich weniger zum Bericht erstatten und Reporting genutzt, Aufgaben „noch eine Runde zu drehen und noch diesen oder jenen Zusammenhang zu beleuchten“, werden durch Co-Creation fast automatisch unter dem Gesichtspunkt der (Kosten-) Wirksamkeit entschieden. Aus Befehlshabern, die Mannschaften führen, werden Enabler, die Teams vorstehen, welche gemeinsam Performance Steigerung im gut zweistelligen Prozentbereich umsetzen: Komplexe Problemstellungen lassen sich eben nicht linear lösen, sondern durch die Verknüpfung von Potentialen. 

Die Anforderungen an Führungskräfte und MitarbeiterInnen steigen: Denn es ist oft deutlich anstrengender sich so mit den unternehmerischen Herausforderungen auseinanderzusetzen, als einfach nur die eigene Idee der Lösung abzuarbeiten. Es lohnt sich: durch temporär ideal gesetzte Teams, die gemeinsam eine Aufgabenstellung lösen, besetzt mit MitarbeiterInnen unterschiedlichster Disziplinen, welche in kurzen Zyklen Entscheidungsvorlagen liefern, die in Reviews und Co-Creation Runden tatsächlich entschieden werden, wird ein Schwungrad in Gang gesetzt! Potentialträger in Organisationen auf allen Leveln werden nicht länger vorgehalten, falls der Chef doch mit der „nächsten ganz wichtigen, vielleicht die eigene karriereentscheidenden Aufgabe um die Ecke biegt“, sondern auf die drängenden und herausforderndsten Problemstellungen der Unternehmung gesetzt. 

Gerade in etablierten Organisation bietet agiles Arbeiten die Möglichkeit funktionale Exzellenz mit der Fähigkeit zur Multirationalität, also der Möglichkeit mehreren Logiken innerhalb einer Organisation Raum zu geben, zu verbinden und so die Performance signifikant zu steigern!

Sarah Koch

Die Managerin ist Autorin des Buches „LE PARKOUR - Agilität in etablierten Organisationen"

www.le-parkour.net